Reisproduktion in Zeiten globaler Erwärmung

Reis

Forscher der Universitäten Stanford, Tübingen und Bayreuth prognostizieren deutlich größere Ernterückgänge als bisher erwartet und einen starken Anstieg der Arsengehalte in Reis, dem weltweit wichtigsten Grundnahrungsmittel, unter künftigen Klimabedingungen. Im Fachmagazin Nature Communications stellen sie ihre Forschungsergebnisse vor.

Reis ist das wichtigste Nahrungsmittel weltweit und sichert die Lebensgrundlage für über die Hälfte der Weltbevölkerung. Heutige Modelle prognostizieren unter künftigen Klimabedingungen Ernterückgänge um etwa drei bis 15 Prozent. Was in diesen Modellen vernachlässigt wurde, ist das Wechselwirken zwischen globaler Erwärmung und dem giftigen Halbmetall Arsen im Boden. Geringe Mengen Arsen kommen in nahezu allen Böden weltweit natürlicherweise vor. Durch den Reisanbau auf gefluteten Feldern wird an Bodenpartikel gebundenes Arsen freigesetzt, welches aufgrund seiner chemischen Ähnlichkeit zu den Nährstoffen Silizium und Phosphat von Reispflanzen gut aufgenommen wird.

Das Forscherteam der Universitäten Stanford, Tübingen und Bayreuth unter der Leitung von Dr. Eva Marie Muehe (Stanford/Tübingen) zeigt jetzt auf der Grundlage aufwändiger Gewächshausstudien mit einer kalifornischen Reissorte, dass unter Berücksichtigung gekoppelter Klima-Arsen Effekte die Reisproduktion bis zum Jahr 2100 um bis zu 40 Prozent zurückgehen könnte. Erhöhte Temperaturen stimulieren Mikroorganismen, die mehr Arsen im Boden freisetzen. Dieses wiederum hemmt die Nährstoffaufnahme in Reis verringert und damit die Pflanzenentwicklung. Gleichzeitig verdoppelten sich die Arsengehalte im essbaren Korn. Bei einer geschätzten Bevölkerungszahl von 10 Milliarden Menschen im Jahr 2100, von denen 5 Milliarden auf Reis als Grundnahrungsmittel angewiesen sind, bedeutet dies einerseits eine quantitative Versorgungslücke für 2 Milliarden Menschen. Andererseits können bereits heute die auch in der Europäischen Union seit 2016 geltenden Grenzwerte für Arsengehalte in Reis, insbesondere wenn es um die Produktion von Baby-Nahrung geht, kaum eingehalten werden. Bei einer Verdopplung der Arsengehalte müsste man entweder ein erhöhtes Gesundheitsrisiko in Kauf nehmen oder die Menge an essbarem Reis weiter einschränken. Denn für den Menschen stellt neben Trinkwasser Reis den Hauptaufnahmepfad für Arsen dar. Arsen kann bei regelmäßiger Aufnahme auch in kleinen Mengen zu chronischen Erkrankungen wie Haut- oder Lungenkrebs führen.

Wie die Ergebnisse der Studie ganz deutlich zeigen, kann Klimawandel zu bislang unvorhergesehenen Verlusten in der globalen Reisproduktion führen. Es besteht ein dringender Bedarf, gezielt Reissorten zu züchten, die temperaturtolerant sind, aber auch möglichst wenig Arsen aufnehmen. „Arsenaufnahmewege und -umwandlungen in der Reispflanze zu verstehen und entsprechend Handlungsanweisungen für Züchtung oder landwirtschaftliches Management geben zu können, ist ein wichtiges Ziel meiner Forschung“ sagt Frau Prof. Dr. Britta Planer-Friedrich, Mitautorin der Studie und an der Universität Bayreuth Leiterin einer der weltweit führenden Gruppen im Bereich Arsen-Analytik. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Prof. Dr. Stephan Clemens, Pflanzenphysiologe an der Universität Bayreuth, erforscht sie dazu derzeit auch im Rahmen zweier von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderter Projekte das Vorkommen ganz neuer Formen von Arsen, sogenannter Thioarsenate. Von diesen Arsenformen ist bislang völlig unbekannt, ob sie eine weitere Gefahr oder möglicherweise sogar eine Chance für die Produktion von Arsen-sicherem Reis darstellen. Spannende neue Ergebnisse sind hier auch künftig aus Bayreuth zu erwarten.

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