Konjunkturlokomotive auf dem Abstellgleis: US-Verbraucher müssen an Weihnachten sparen – und geben Präsident Bush die Schuld für die Krise
AlixPartners: US Holiday 2008 Consumer Sentiment Index – Stimmungsbarometer für das US-Weihnachtsgeschäft 2008
– Fast zwei Drittel der Befragten planen, weniger Geld für Geschenke auszugeben
– 87 Prozent glauben, die USA befinden sich bereits in einer Rezession
– 51 Prozent machen die Bush-Regierung für die aktuelle wirtschaftliche Situation verantwortlich
– 74 Prozent zweifeln an der Fähigkeit der Politik, die Wirtschaft in den Griff zu bekommen
Nach dem Finanzkollaps an der Wall Street und vor der Weihnachtseinkaufssaison plant eine große Mehrheit (64 Prozent) der amerikanischen Konsumenten, weniger Geld für Geschenke auszugeben und den Gürtel enger zu schnallen. Damit reagieren die amerikanischen Verbraucher auf die Wirtschaftskrise, von der fast die Hälfte annimmt, dass sie mindestens drei Jahre dauern werde. Das ergab eine Umfrage von AlixPartners unter 1000 Verbraucherinnen und Verbrauchern in den USA.
Den AlixPartners Holiday 2008 Consumer Sentiment Index – eine aktuelles Stimmungsbarometer für US-Konsumenten vor dem Weihnachtsgeschäft 2008 – führt die Einzelhandels-Practice von AlixPartners durch. Die Umfrage ergab auch, dass 87 Prozent der Verbraucher annehmen, die USA befänden sich gegenwärtig entweder in einer Rezession oder Depression (20 Prozent sagten Depression). 74 Prozent der Befragten geben an, es mangele ihnen an Vertrauen in die Fähigkeit der Politiker, effektiv auf die Wirtschaft einzuwirken. Auf die Frage, ob John McCain oder Barack Obama besser geeignet seien, die Wirtschaft in den Griff zu bekommen, sagten 28 Prozent: „Keiner von beiden ist der Aufgabe gewachsen“.
Auswirkungen auf Deutschland
„Die langjährige Konjunkturlokomotive der USA, die Verbraucher, sind nicht mehr nur nervös, sondern sie zeigen Zukunftsangst“, sagt Roman Zeller, Geschäftsführer von AlixPartners. „Da der private Konsum in den USA für mehr als zwei Drittel des Bruttoinlandprodukts steht, wird das enorme Konsequenzen für die amerikanische Wirtschaft haben. Und wenn die US-Verbraucher ihre Ausgaben einschränken, hat das auch direkte Auswirkungen auf die deutsche Exportwirtschaft.Die Auswirkungen sind sofort spürbar in der Automobilindustrie, die direkt nach USA exportiert, aber auch im Maschinen- und Anlagenbau. So werden derzeit bei deutschen Maschinenbauern Aufträge aus China storniert, weil in China aufgrund fehlender Konsumnachfrage aus USA Fabriken schließen müssen. WalMart zum Beispiel hat die Bestellungen von Spielzeug aus China für das Weihnachstgeschäft bereits drastisch reduzieren müssen.“
In der AlixPartners-Umfrage sagten 86 Prozent der Befragten, dass sie dieses Jahr weniger als 1000 Dollar für Weihnachtsgeschenke ausgeben werden. 37 Prozent erwarten, bei den Ausgaben unter 250 Dollar zu bleiben (im Vorjahr: 21 Prozent). Insbesondere Frauen richten sich aufs Sparen ein. 69 Prozent aller weiblichen Befragten gaben an, diese Weihnachtssaison weniger ausgeben zu wollen (gegenüber 58 Prozent der Männer).
Verbraucher geben Bush-Regierung die Schuld für die Krise
Ebenfalls bemerkenswerte Ergebnisse der Studie: 37 Prozent der Befragten gab „Verbrauchern, die über ihre Verhältnisse leben“ die Schuld an der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation. Diese Antwort landete auf einer Liste mit dreizehn möglichen Antworten an dritter Stelle. Auf Platz eins steht „die Bush Regierung“ mit 51 Prozent. Auf Rang zwei „die Hypothekenbanken“.
„Während in der ersten Hälfte des Jahrzehnts viele Einzelhändler in den USA das `trading-up´ Phänomen genossen haben, wird die Parole in dieser Weihnachtssaison `trading-down´ heißen“, sagte Detlev Schauwecker, Leiter der Einzelhandel-Practice von AlixPartners in Deutschland. „Die Konsumenten in USA werden sich nach unten orientieren im Hinblick darauf, welche und wie viele Produkte sie kaufen und auch im Hinblick darauf, bei welchen Marken sie zugreifen und bei welchen Händlern. Derzeit wird alles in Frage gestellt, denn die Verbraucher suchen aktiv und bewusst nach günstigeren Handelskanälen. In manchen Fällen handeln die Verbraucher dabei aus aktueller Geldnot, in anderen Fällen aus Angst. Kaufhäuser und Fachhändler werden unserer Meinung nach besonders hart getroffen werden. Doch letztlich ist kein Einzelhändler vor dieser Flutwelle geschützt, die nun anscheinend als zweite Schockwelle auf die Krise an der Wall Street folgt“, so Schauwecker.
Exportindustrie muss Kosten senken
„Die deutsche Exportindustrie muss sich auf einen enormen Nachfragerückgang aus den USA gefasst machen und die nötigen Maßnahmen ergreifen. Gleichzeitig müssen die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer sich auf Stornierungen aus den Ländern einstellen, die Konsumartikel für USA produzieren – vor allem China. Prioritäten in dieser Situation: Sofortiges Liquiditätsmanagement, dann drastische Kostensenkungen, dann Flexibilisierung der Fixkosten. Unternehmen, die jetzt noch weiterproduzieren und Läger aufbauen, statt Balast abzuwerfen, werden diesen Sturm vielleicht nicht überstehen “ sagt Roman Zeller.