Fernsehen als Leitmedium im digitalen Zeitalter

„Fernsehen kann auch im digitalen Zeitalter Leitmedium bleiben“

ZDF-Intendant Schächter eröffnet 42. Mainzer Tage der Fernsehkritik – TV und Internet verhalten sich komplementär zueinander – Analoge Strukturen konsequent umbauen

„Das Internet ist nicht der Killer des Fernsehens“. Zu diesem ersten Fazit kam ZDFIntendant Markus Schächter in seinem Eröffnungsvortrag der 42. Mainzer Tage der Fernsehkritik. Das alte, „bislang echtzeitfixierte Fernsehen“ habe schnell und umfassend gelernt, „dass die digitale Welt Flügel verleihen kann“. Schächter: „Nach den Spielregeln des Netzes können im digitalen Zeitalter die Zuschauer sehen, was sie wollen, wann sie wollen und wo sie es wollen“. Die Veranstaltung, zu der mehrere hundert Fernsehkritiker und Medienschaffende zwei Tage im Sendezentrum des ZDF zur Branchendiskussion zusammenkommen, steht in diesem Jahr unter dem Gedanken „Leitmedium auf Bewährung – Suchen und Finden des Neuen“.

Vor genau zehn Jahren sei in Deutschland die erste Totenglocke für das Fernsehen geläutet worden, erinnerte Schächter. In ganzen Serien von Artikeln sei das baldige Sterben des Massenmediums Fernsehen beschrieben worden. Tatsächlich habe die Fernsehnutzung parallel zu den Zuwachsraten des Internets in den Folgejahren noch weiter zugenommen. Entgegen den auf analogen Denkmustern beruhenden früheren falschen Prognosen habe sich herausgestellt, dass Netz und Schirm ineinander überfließen und sich ergänzen.

Heute habe das Fernsehen die Gelegenheit, sich in der digitalen Welt erneut „als führender Taktgeber massenmedial zu behaupten“. Dazu griff der ZDF-Intendant „drei ganz besondere Baustellen“ als strategische Hausaufgaben für das ZDF heraus. In seiner Unternehmensorganisation muss sich der Sender demnach auf die vielfältigen Herausforderungen der digitalen Welt neu einrichten und 50 Jahre alte analoge Strukturen konsequent umbauen. Jedes einzelne Fernsehprogramm müsse mit unterschiedlichen Formatierungen, klugen Vernetzungen und Zuordnungen auf vielfältige lineare und nichtlineare Plattformen gebracht werden können.

Zum anderen sei die Etablierung einer starken, sich komplementär ergänzenden Senderfamilie unverzichtbare strategische Voraussetzung für die digitale Welt. Angesichts eines nicht mehr überschaubaren Wettbewerbs könne sich kein TV-Unternehmen leisten, nur einen Sender anzubieten. Das ZDF erhalte mit seinen drei Digitalkanälen jetzt „die historische Chance, notwendige Innovationsangebote und bessere Repertoire-Konzepte zu forcieren“.

Die dritte Strategie ziele auf den Ausbau, die Schärfung und die Profilierung der eigenen Programm-Marken zur „Zuspitzung unseres unverwechselbaren Profils“. Diese beim Zuschauer verankerten Marken müssten für Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit, Unabhängigkeit, Interesse und Attraktivität stehen. Sie müssten „mit Relevanz Reichweite und Reputation erzielen“, forderte Schächter. Deshalb werde der Sender in „seine drei Königsdisziplinen Aktualität, Hintergrundinformation und fiktionale Erzählung“ nachhaltig investieren.

Einen besonderen Dank richtete der ZDF-Intendant an den scheidenden Leiter der ZDF-Hauptredaktion Fernsehspiel, Hans Janke. Er habe vor 30 Jahren bei den Mainzer Tagen einen Vortrag über den möglichen Zukunftsertrag der Produktivkraft Fernsehen gehalten und dabei die Forderung nach Handwerk und Moral, Kompetenz und Passion gestellt. Dies seien auch 30 Jahre später noch die Weichen, die gestellt werden müssten, um dem Fernsehen den Rang als zukunftsfähiges und zukunftswichtiges Erfolgsmedium bewahren zu können.

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