Neues Deutschland: Familienpolitik der CDU
Feinde des Fortschritts – von Jürgen Amendt
Die Union erlebt derzeit so etwas wie einen konservativen
Aufbruch. Lange Zeit galt CDU und CSU die Familie als Keimzelle der
Gesellschaft, die es zu fördern und zu bewahren galt. Doch schon im
letzten Bundestagswahlkampf zeigten sich erste Risse in diesem Bild.
Sie entdeckte die Alleinerziehenden als Teil der Gesellschaft und
vorsichtig war die Rede von mehr staatlichem Engagement bei der
Kinderbetreuung. Hinter den Kulissen tobte aber bereits 2005 ein
Kampf um eine Neuausrichtung der Familienpolitik
Es war nur eine Frage der Zeit, bis diese Auseinandersetzung an
Schärfe gewinnen würde. In diesem Geplänkel spielt ein
erzkonservativer und klerikal verbildeter bayerischer Bischof den
katholischen Narren, gegen den sich jetzt
parteiübergreifend der Schmäh der Fortschrittlichen richtet. Ein
Feind des Fortschritts sozusagen.
Unter dem Lack des Fortschritts verbirgt sich aber das
Altbekannte, das sich in dessen Gewand der Veränderung widersetzt.
Der Staat müsse dafür Sorge tragen, dass Frauen Kindererziehung und
Beruf besser unter einen Hut bringen können, tönt es aus den Mündern
jener, die davon träumen, dass sich der Mensch der ökonomischen
Zurichtung endgültig unterwirft. Die Warnung des Bischofs, Frauen
dürften nicht zu Gebärmaschinen degradiert werden, hat so gesehen
durchaus demaskierendes Potenzial.