Ursula von der Leyen und Qualitaet ihrer Gegner

WAZ: Bischöfe und andere Konservative: Weshalb v.d. Leyen derart leicht gewinnt – Leitartikel von Ulrich Reitz

Das größte Glück Ursula von der Leyens ist die
Qualität ihrer Gegner.

Als der CSU-Zampano Ramsauer ihr Elterngeld als „Wickelvolontariat“
veräppelte, hatte er nicht die Familienministerin, sondern sich
lächerlich gemacht. Von der Leyen gewann relativ mühelos, weil gerade
Volksparteien nichts so sehr scheuen wie den Verdacht,
gesellschaftspolitisch von gestern zu sein. Dass Ramsauer diesen
metergroßen Fettnapf übersah, spricht weder für seine taktische
Intelligenz noch für seine Verwurzelung im eigenen Laden, denn: Was
sollen erwerbstätige CSU-Mütter wohl von solchen Bemerkungen halten?

Um eine ähnliche Erfahrung wird gerade der Augsburger Bischof
Mixa reicher: Mit seiner Bemerkung von der Frau als „Gebärmaschine“
im Dienst der Wirtschaft hat er just die breiteste
Unterstützungskampagne für von der Leyen ausgerechnet von
konservativen Politikern – von Schavan bis Koch – organisiert, die
die Christen-Partei je gesehen hat. Außerdem hat Mixa das Vorurteil
genährt, die katholische Kirche sei ein gesellschaftspolitisches
Antiquariat, und damit der evangelischen Konkurrenz eine
gebührenfreie Vorlage für die Demonstration eigener
Fortschrittlichkeit geliefert. Rückhalt für Mixa kommt nur vom Kölner
Erzbischof Meisner. Der könnte mal erklären, warum, wenn doch die
Familie der „natürliche Raum“ für die Entfaltung des Kindeswohls sein
soll, seine Kirche immer noch so viele Kindergartenplätze unterhält.
Pardon, aber: Werden in diesen Einrichtungen etwa Kinder nur darum
nicht von ihren Eltern entfremdet, weil es sich um katholische
Betreuer handelt? Oder will Meisner schon mal der Eltern-Kritik
vorbauen, wenn er in seinem Bistum, im schlimmsten Fall, 300
Kindergartengruppen schließt?

Nur, weil es eine beliebte Denkfigur Konservativer ist, vor einer
Ökonomisierung der Familie zu warnen: Ist Familie etwa ein
wirtschaftsfreier Raum? Schon die gerne hoch gehaltene
Traditionsfamilie mit der Mutter daheim ist eine Folge der
Industrialisierung, mithin ökonomisch bedingt. Genauso wie ihr
schleichendes Ende wieder auch wirtschaftlichen Umwälzungen zu
verdanken ist: dem Übergang in die Dienstleistungsgesellschaft, der
die Frauen fehlen, besonders in Führungspositionen. Die Politik, auch
die von der Leyens, ist nicht Treiber, sondern Getriebener eines
gesellschaftlichen Wandels, in dem Frauen gelernt haben, dass die
materielle Versorgung durch einen Partner nicht mehr per se die
größtmögliche Sicherheit bietet, sondern, auf eigenen Füßen stehen zu
können. Damit tun manche sich noch schwer. Daher der Streit. (WAZ)

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